Die Abkürzung SM für Sadomasochismus ist wahrscheinlich jedermann vertraut. Welche Vorstellungen jeder einzelne damit verknüpft steht auf einem anderen Blatt. Ich behaupte, dass viele dieser Vorstellungen falsch sind. Was bedeutet jetzt aber BDSM? Viele Personen dieser sexuellen Neigung bezeichnen sich nicht als SMler sondern eher als BDSMler. SM alleine trifft es nämlich oft nicht genau.
BDSM steht für “Bondage & Discipline, Dominance & Submission, Sadism & Masochism”. Nicht jeder BDSMler hat alle alle diese Vorlieben. So gibt es welche, die sich einfach nur gerne fesseln lassen oder jemanden fesseln (es gibt Leute, die das zu einer wahren Kunst erhoben haben), andere stehen zwar auf Dominanz und Unterwerfung, können aber mit Schmerzen nichts anfangen und andere wieder können aus Schmerz großen Lustgewinn erzielen (oder eben aus dem Zufügen von Schmerzen im sexuellen Kontext), unterwerfen sich ihrem Partner aber dabei nicht.
Falls vorhanden: Bitte streiche aus deinem Kopf, welche (in deinen Augen) extremen, absurden, unverständlichen Praktiken diese SMler doch ausüben. Du wirst dich da nur schwer bis gar nicht hineinversetzen können, wenn du nicht selbst wenigstens ansatzweise diese sexuelle Neigung in dir verspürst.
Dennoch versuche ich den Kern dieser sexuellen Neigung näher zu bringen, damit du vielleicht ein klein wenig verstehst, was uns das alles gibt.
Dominanz und Unterwerfung
Der erste Bereich ist das Spiel mit Macht/Dominanz und Unterwerfung/Hingabe. Vielleicht ist dir bisher nicht klar, dass es BDSMler gibt, die alleine diese Seite ausüben, ganz ohne das Zufügen von Schmerzen. Bei diesem Bereich von BDSM gibt sich der eine Partner, der submissive Teil, dem anderen Partner, dem dominanten Teil, hin. Wie weit das geht ist von Paar zu Paar verschieden. Viele tun es nur im sexuellen Kontext. Einer bestimmt, der andere folgt. Das alleine ist es aber nicht. Der dominante Part übernimmt auch die Verantwortung für den submissiven Part. Deshalb hat BDSM auch immer etwas von Behüten, Beschützen und ganz viel Vertrauen zu tun. Nur so kann sich der submissive Teil fallen lassen. Beide Teile ziehen eine tiefe innere Befriedigung daraus. Der dominante Teil durch das Ausüben der Macht, die ihm geschenkt wurde, der submissive Teil durch Abgabe der Macht. Der dominante Part (Dom) verlangt beispielsweise vom Submissiven (Sub), etwas zu tun, das Dom sehr gut gefällt (Sub insgeheim auch), was Sub aber sehr schwer fällt. Sub schafft es und fühlt anschließend den Stolz auf sich selbst aber auch den Stolz von Dom. Sub hat auch ein inneres Bedürfnis, dem Dom zu dienen, seine Wünsche zu erfüllen und ihn zu befriedigen. Dadurch kann selbst Befriedigung erlangt werden. Das ist etwas, was man als Außenstehender nur schwer verstehen kann, wenn man es nicht selbst in sich fühlt.
Sadomasochismus
Der zweite große Bereich ist der Sadomasochismus. Es gibt Menschen, die können aus Schmerzen Lustgewinn erzielen. Voraussetzung ist die Einvernehmlichkeit und der Kontext, in dem es geschieht. Ich bin beispielsweise ebenfalls Masochistin. Keine extreme, aber eben vorhanden. Wenn ich aber zum Zahnarzt gehe und mich dort einer Wurzelbehandlung unterziehen muss, empfinde ich alles andere als sexuelle Erregung. Würde mich mein Partner ohne dem SM-Kontext verprügeln sieht es genauso aus. Auf der anderen Seite gibt es genauso Menschen, die Lustgewinn erzielen, wenn sie im sexuellen Kontext anderen Menschen Schmerzen zufügen und sehen, dass diese daraus ebenfalls einen Lustgewinn haben. Auch hier spielt das gegenseitige Vertrauen eine ganz große Rolle.
Überhaupt spielt Vertrauen im BDSM-Bereich eine ganz große Rolle und man muss sehr viel mehr auf den Partner achten, als dies oft in einer gewöhnlichen Beziehung der Fall ist. Es ist ein gegenseitiges Geben und Nehmen.
Fetischismus
Die Abkürzung BDSM beinhaltet nicht den Fetischismus und in der Tat muss dies separat betrachtet werden, denn es gibt viele Fetischisten, die mit BDSM und allem, was dazu gehört, rein gar nichts anfangen können.
Ein Fetisch ist ein Gegenstand, durch den man durch Tragen oder Anwendung zur sexuellen Erregung kommt. Beispielsweise erregt es manche Männer, Frauenschuhe zu tragen, obwohl sie ansonsten keinerlei Bestrebungen haben, eine Frau sein zu wollen. Fetischismus kann aber auch sein, wenn der Partner etwas tragen soll, was einem selbst unheimlich erregt, beispielsweise Nylons und Strapse.
Fetischismus kann so weit gehen, dass ohne die Einbeziehung des Fetisches kaum noch sexuelle Erregung möglich ist. Es muss aber auch nicht so extrem sein.
Mischformen
Sehr viele Menschen in der Welt des BDSM und Fetischismus haben eine Mischform aus allem als Vorliebe. Meist ist irgendetwas stärker vorhanden. Bei mir selbst ist beispielsweise meine devote Neigung die Grundlage, aber ich bin auch Masochistin. Ich bin allerdings keine Fetischistin.
BDSM ist eine sexuelle Neigung
BDSM ist keine Krankheit, Verhaltensauffälligkeit oder dergleichen, sondern eine sexuelle Neigung, die meist angeboren ist und irgendwann zum Vorschein kommt. Ich vergleiche das am liebsten mit Homosexualität. Auch das ist eine Neigung, die man nicht verleugnen,sondern andernfalls unterdrücken kann. Viele BDSMler haben schon seit ihrer Kindheit entsprechende Fantasien und Sehnsüchte, können sie aber oft erst zu einem späteren Zeitpunkt klar definieren. Sozusagen das eigene “Coming out”.
Es hält sich auch das hartnäckige Gerücht, dass alle BDSMler in ihrer Kindheit in irgendeiner Form misshandelt wurden oder sonstige psychische Probleme haben. Dem ist nicht so! Es gibt natürlich auch solche Fälle unter den BDSMlern, aber es ist nicht die Regel. Wie eben in der restlichen Bevölkerung auch.