Kennen gelernt hatten wir uns auf einer Party. Nein, keine perverse Party, so wie Sie nun vielleicht denken. Eine Geburtstagsparty. Eine fast ganz normale Geburtstagsparty. Warum nur fast? Nun, neben Verwandten, Freunden und Kollegen des Geburtstagskindes – ist es nicht seltsam, dass man, egal, ob man nun den dreißigsten, vierzigsten oder gar siebzigsten Geburtstag feiert, dann doch wieder zum Kind wird? Aber zurück zum Thema. Es waren auf dieser Feier noch andere Freunde. Die perversen Freunde.
Perverse Freunde auf einer ansonsten ganz normalen Geburtstagsparty. Denn das Geburtstagskind war auch pervers. Nicht alle perversen Gäste kannten sich untereinander. So war nun nicht mal bekannt, wer denn nun pervers ist und wer nicht. Ich möchte auch nicht einmal ausschließen, dass Gäste, die eigentlich zu den nicht perversen Gästen zählten, insgeheim nicht doch pervers waren. Aber wer weiß schon, was hinter verschlossener Schlafzimmertür alles geschieht? Aber ich sehe schon, ich verwirre Sie. Dort traf ich ihn jedenfalls. Wie man durch vorsichtiges Fragen, versteckte Andeutungen und fragende Blicke in Richtung Geburtstagskind feststellte, waren wir also beide pervers. Aufgrund nicht perverser Sitznachbarn konnte das Gespräch nicht vertieft werden. So wussten wir danach lediglich einiges über unser unperverses Leben. Aber das ist ja schon einmal keine schlechte Grundlage, wenn man weiß, was der andere beruflich macht, wo er wohnt, welche Hobbys er hat und welche amüsante Storys es aus der Studienzeit zu berichten gibt. Da er alleine kam und keinen Ehering trug, nahm ich auch einfach an, er sei ungebunden. Was sich auch später als richtig herausstellen sollte. Da ich einen Ehering trug und zudem mein Ehemann, ja, auch er pervers, neben mir saß, dürfte er seinerseits angenommen haben, dass ich gebunden bin.
Am nächsten Tag fand ich dann in meinem virtuellen Postfach eine Mail von ihm. Wie nett es gewesen sei und dass er sich freue, uns kennen gelernt zu haben. Ich klickte auf „Antworten“ und schrieb in etwa gleich lautende Zeilen, als mir die E-Mail-Adresse ins Auge stach: slave24 @ irgendwas.de. Slave?? Sklave? Ups. Ich gestand mir ein, dass ich überrascht war. Er war ein Sklave? Sub? Ich hatte ihn den ganzen Abend als dominant eingestuft. Um sicher zu gehen, fragte ich nach, ob er wirklich Sub sei. Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten. Ja, sei er. Ob mich das überrasche? Ich schrieb ehrlich zurück und er freute sich darüber. Kurze Zeit später kommunizierten wir über unsere Messenger. Ich fühlte mich sicher. Zwar war er ein Mann, aber eben auch Sub. Da konnte nichts passieren. Dachte ich.
Ich berichtete meinem Mann von dem Kontakt, er richtete schöne Grüße aus. Ich hatte kein schlechtes Gewissen und ich freute mich, eine Freundschaft zu einem Mann aufzubauen, der amüsant und mir sympathisch war. Nein, wir sprachen nicht immer ganz unschuldig miteinander. Ich fragte ihn beispielsweise, ob es denn keine Frau in seinem Leben gäbe. Er antwortete, es sei einfach noch nicht die Richtige gekommen. Ich fragte ihn, wie denn die Richtige sein müsse. „So wie Du“, lautete die Antwort. „So ein Pech, dass ich nicht Dom bin“, war die meine. „Na, wir werden ja noch sehen“, kam von ihm. „Na dann viel Glück!“ wünschte ich ihm. Beide nahmen wir dieses und andere Wortgeplänkel in der Richtung nicht ernst. Dachte ich.
Wir trafen uns wieder. Wie ich zugeben muss auf meine Initiative hin. Es war mitten im Advent und wir hatten das ehemalige Geburtstagskind und seine Partnerin zu uns zum Essen eingeladen. Ich fragte erst meinen Mann, ob es in Ordnung sei, wenn ich ihn auch einlade. Es war in Ordnung. Und er kam. Mein Mann fand ihn ebenfalls sympathisch. Es wurde ein sehr schöner Abend, mit vielen interessanten und lustigen Gesprächen. Als ich in die Küche verschwand, um aufzuräumen und das Dessert herzurichten, stand er neben mir.
„Lass mich Dir helfen.“
„Brauchst Du nicht.“
„Ich will aber.“
„Na gut.“
„Wo kommt das hin?“
„Dort.“
„Und das?“
„Dahin.“
Bald stand ich in der Ecke und delegierte ihn in meiner Küche herum. Nach dem Aufräumen bereitete er nach meiner Anweisung noch das Dessert zu. Es war ein Spiel. Dachte ich.
Später am Abend machte er meinem Mann ein Kompliment. Über mich. Wie glücklich mein Mann sein könne, mich zu haben. Welch Glückspilz er sei. Ich las im Gesicht meines Mannes. Er freute sich, doch blickte er auch ihn und mich eindringlich an. Als alle Gäste gegangen waren, fand ich mich kurze Zeit später vor meinem Mann kniend wieder.
„Wem gehörst Du?“
„Dir!“
„Was bist Du?“
„Deine Sklavin!“
„Aber er steht auf Dich.“
„Scheint so zu sein.“
„Macht Dich das an? Würdest Du gerne einmal die andere Seite kennen lernen?“
„Weiß ich nicht. Ich habe noch nie ernsthaft darüber nachgedacht. Nicht mit Dir, mit Dir könnte ich das nie.“
„Aber mit ihm?“
„Weiß ich nicht, ehrlich! Ich weiß es einfach nicht.“
Meine Antwort wurde glücklicherweise so akzeptiert. Ich hätte keine andere ehrliche Antwort geben können. Doch wie Sie sich vorstellen können, hatte mich dieser Abend zum Nachdenken gebracht. Schließlich gestand ich es mir ein, dass ich zumindest neugierig war. Geschmeichelt war ich auch, dass er mich wollte. Zweifel hatte ich ebenfalls, ob ich dem gewachsen wäre. Aber die Frage stellte sich nur theoretisch. Dachte ich.
Ich sollte ein riesiges Weihnachtsgeschenk erhalten. Von meinem Mann. Er schenkte mir ihn. Für einen Abend.
„Ich bin mir nicht sicher, ob ich das wirklich will,“ tat ich meine Unsicherheit kund.
„Ich will aber, dass Du es ausprobierst.“
„Warum tust Du das?“ wollte ich wissen. „Warum tust Du unserer Beziehung dieses Risiko an?“
„Weil ich mir recht sicher bin.“
„Du bist Dir sicher, dass ich eigentlich nicht will?“
„Nein, da bin ich mir gar nicht sicher. Aber ich bin mir sicher, dass Du dennoch immer die Meine sein wirst.“
Ich lächelte. Er hatte recht.
„Was soll ich mit ihm machen?“ fragte ich unsicher.
„Das musst Du wissen. Ich habe nur eine Bedingung: kein Sex.“
„Im clintonschen Sinne?“ fragte ich schmunzelnd.
Auch er musste schmunzeln. „Im Sinne dessen, dass er Dir sein Ding nirgendwo hineinsteckt. Klar?“
„Klar. Ist ihm das auch klar?“
„Ja, ich habe mit ihm gesprochen.“
„Das muss eine interessante Unterhaltung gewesen sein. Und seine Zunge?“
„Was ist mit seiner Zunge?“
„Darf er die irgendwo in mich hinein stecken?“
Jetzt sehen Sie mich ungefähr so an, wie er damals mich. Ich hatte diese Frage durchaus mit einem Hintergedanken gestellt. Ich wollte prüfen, ob es ihm wirklich ernst war, ob er wirklich damit leben könnte. Ich gebe zu, ich wollte ihn ein wenig provozieren. Doch das ließ er nicht zu. Zwar konnte man ihn anmerken, dass meine Frage unerwartet war und ihn durchaus ein wenig aus dem Konzept brachte, doch innerhalb kürzester Zeit hatte er sich wieder gefasst.
„Nicht in Deinen Mund,“ antwortete er mir schließlich.
„Also kein Kuss?“ fragte ich.
„Nein, ich denke, das wäre mir nicht recht.“
„Na gut, ich werde mich also auf dieses Spiel einlassen.“
So geschah es, dass ich mich schon drei Tage später in die Wohnung meines Geschenks begab. Es waren diese seltsamen Tage zwischen Weihnachten und Silvester, an denen fast alle Menschen frei haben und doch Weihnachten schon vorbei ist. Schnee lag wie so oft keiner, doch es herrschte ein ungemütliches, nasskaltes Wetter. Wir hatten zwischenzeitlich nicht kommuniziert. Ich war aufgeregt. Kurz hatte ich überlegt, ob ich mir einen genauen Plan machen soll, was ich alles mit ihm anstellen könnte. Aber das hatte ich schnell wieder verworfen. Ich war mir selbst nicht klar darüber, ob ich überhaupt irgendetwas anstellen könnte. Als er mir schließlich die Türe öffnete, war ich nicht nur recht durchgefroren, sondern zunächst beinahe schüchtern und ziemlich befangen. Aber auch ihm schien es nicht anders zu gehen. Nach einer zaghaften Begrüßungsumarmung bat er mich in sein Wohnzimmer. Staunend erblickte ich eine großzügige Wohnung mit einer Einrichtung, die mir den Atem verschlug. Als ich auf dem Sofa Platz genommen hatte, blieb er stehen.
„Entschuldige, ich kann nun nicht einfach die knallharte Domme raushängen lassen,“ versuchte ich die etwas angespannte Situation zu mildern.
„Das brauchst Du auch nicht. Ich hätte nie zu träumen gewagt, dass es überhaupt einmal so weit kommt. Gut, ich gebe zu, geträumt habe ich es schon. Aber ich hätte nie gedacht, dass es Wirklichkeit werden würde. Darf ich einen Vorschlag machen?“
„Welchen?“
„Darf ich Dir die Füße massieren?“
„Okay. Das könnte ein guter Anfang sein.“
„Lege Dich bitte hin.“
So ließ er sich zu meinen Füßen auf die Couch nieder und begann mit seiner Massage. Schon nach den ersten Handgriffen merkte ich, wie gut mir das tat. Ich schloss meine Augen und spürte, wie ganz langsam Anspannung und Kälte aus meinem gesamten Körper wichen. So konnte ich endlich einen klaren Gedanken fassen, was mein erster Schritt sein würde. Ich wollte etwas ausprobieren. Ich öffnete die Augen, richtete mich auf und gab mit einem „Danke!“ kund, dass es genug sei. Ich stand auf, stellte mich in die Mitte des Raumes und sprach diesen einen Satz aus, der in mir, wenn ich ihn selbst von meinem Mann höre, oft genug der Grund für einen Schwarm Schmetterlinge im Bauch ist und mir hilft, mich in meine Position einzufügen. Nun wollte ich die andere Seite testen.
„Knie Dich hin!“
Eine Sekunde lang blickte er mich nur an. Dann spielte ein leises Lächeln um seine Lippen und schließlich nickte er ganz leicht, bis er aufstand, zu mir ging und sich vor mir auf seine Knie begab. Ich sah zu ihm hinab. Er hatte den Blick gesenkt, ganz wie es sich wohl gehörte. Ich forschte in meinen Gefühlen, fragte mich, was dies nun in mir auslöste. Langsam ging ich um ihn herum.
„Nein, so funktioniert das nicht richtig“, sagte ich schließlich, als mir klar geworden war, was mich störte.
Sein Blick schoss nach oben und ich werde die Enttäuschung, die darin lag, wohl nie vergessen. Dabei hatte ich gar nicht die Absicht gehabt, ihn zu enttäuschen.
„Du musst Dich anders hinknien,“ sagte ich ihm.
„Anders? Wie anders?“
„Wie ein Ritter vor seiner Königin. Weißt Du, wie ich das meine?“
Langsam hob er sein rechtes Bein und stellte es auf. „So?“ fragte er mich.
„Ja, genau so.“
„Wow“, sagte er.
„Wow?“
„Das fühlt sich so anders an. Wow, das fühlt sich gut an!“ Er hob den Blick zu mir und darin lag wieder die Sicherheit, die mich bei unserem ersten Treffen hatte glauben lassen, er sei dominant. Auch in mir löste dieses Knien nun endlich etwas aus. Wie er da vor mir kniete und doch so stolz und stark wirkte. Ich wusste nun auch, was zu mir passen würde.
„Weißt Du“, sagte ich schließlich zu ihm „ich denke, ich kann mit einem Sklaven nichts anfangen. Aber ein Ritter, der mir dient, wie er einer Königin dienen würde. Das würde mir gefallen. Wie geht es Dir damit?“
So war also unser Anfang. Vielleicht denken Sie sich nun, dass es nur zwei unterschiedliche Begriffe für ein und dasselbe sind. Sklave oder Ritter, was macht das schon? Aber es gibt feine, doch wichtige Unterschiede. Hauptsächlich existieren sie wohl, und da muss ich Ihnen zustimmen, im Kopf. Stellen Sie sich doch einmal einen mittelalterlichen Ritter vor, direkt der Königin unterstellt. Das ist doch ein meilenweiter Unterschied zu einem Sklaven, oder finden Sie nicht?
Wie sich herausstellte, hatte ich mit meiner Eingebung voll ins Schwarze getroffen. Wissen Sie, mein Ritter ist einfach kein Sklave. Er hatte zwar schon immer den Wunsch verspürt, sich einer Frau zu unterwerfen. Aber für einen Sklaven war er viel zu stolz, stark und auch herrisch. Das war ihm nur selbst bis dahin nicht ganz bewusst geworden. Aber deshalb hatte er wohl auch noch nicht die Richtige gefunden. Ich gebe zu, ich bin stolz auf mich, dass ich erkannt habe, was wirklich in ihm steckt. Ich selbst kann auch viel besser damit leben. Was will ich mit einem Sklaven? Ein Ritter ist doch viel besser und wertvoller! Er befolgt meine Befehle, liest mir meine Wünsche von den Augen ab und beschützt mich. Hätte ich ihn nicht Ritter genannt, wäre Bodyguard vielleicht ein passendes Wort gewesen. Aber das trifft es nicht ganz, denn mit ihm kann ich mich auch bestens unterhalten und wenn ich nachts um zwei Uhr Lust auf Räucherlachs habe, dann besorgt mir mein Ritter diesen. Ein Bodyguard würde das wohl eher nicht. Aber ich schweife schon wieder zum Thema ab.
Er ist also mein Ritter und ich bin seine Königin. Wie sich herausstellte, hat diese Idee auch meinen Mann begeistert. Denn er ist nun sozusagen der König. Er braucht sich fortan auch nicht mehr mit langweiligen Theaterbesuchen und Shoppingtouren zu quälen. Dafür habe ich nun meinen Ritter. Es ist auch ein tolles Gefühl, spät abends nach einem Theaterbesuch im Abendkleid durch die leere Stadt zu bummeln und einen Beschützer neben sich zu wissen. Ob er mich wirklich beschützen könnte? Natürlich! Schon seit Jahren ist er kampfsporterfahren. Und ob zwischen uns auch sexuell etwas läuft? Sie sind ja wirklich neugierig. Sagen wir, die vom König gestellten Bedingungen gelten weiterhin. Den Rest überlasse ich Ihrer Fantasie. Ob ich ihn bestrafe? Einmal hat er einen Befehl verweigert. Da war ich wirklich sauer und habe ihn bestraft. Nein, geschlagen habe ich ihn nicht. Es war eine eher subtile Strafe. Aber durchaus wirkungsvoll. Seit dem ist das auch nie wieder vorgekommen. Glücklicherweise ist er nicht maso. Auf Machtspielchen habe ich nämlich wirklich keine Lust. Er auch nicht. Entweder er dient mir oder er lässt es bleiben.
So, nun wissen Sie aber eine Menge über uns. Bekommen wir denn nun Ihre Räumlichkeiten? Dieser mittelalterlicher Thronsaal, den sie da haben, wäre für unser Vorhaben wirklich ideal. Was wir dort vorhaben? Er soll uns den Treueeid schwören und seinen Ritterschlag erhalten. Natürlich können Sie und alle, die Sie noch dabei haben wollen, zusehen. Egal, ob Ihre Kolleginnen oder Ihre Sklaven. Dann ist das also abgemacht? Das freut mich!
Ach, und wenn ich mir noch eine letzte Bemerkung erlauben darf? Ist dieses Gesieze nicht etwas albern? Verstehe, Sie haben einen Ruf zu verlieren und Ihre Kunden wollen das so. Es geht natürlich nicht, dass jeder dahergelaufene Sklave oder Sklavin Sie einfach duzt. Das ist schlecht für das Geschäft. Aber ich? Gelte ich für Sie immer noch als Sklavin? Na gut, dann warte ich den Treueeid ab, ob Sie es sich dann vielleicht noch anders überlegt haben. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag!
© Devana Remold