„Hast Du noch welche von diesen leckeren Keksen?“
Langsam ließ sie ihr Buch sinken und sah ihn ebenso fragend an, wie er sie.
„Welche meinst Du?“
„Na, meine Lieblinge, die ich so gerne mag!“
„Die Vanillekipferl?“
„Die mag ich auch gerne, aber ich meine die anderen. Die mit der Schokolade.“
„Ach die“, sagte sie und hob das Buch wieder an, um weiter zu lesen.
Drei Sekunden vergingen.
„Und? Sind davon noch welche da?“
„Weiß ich nicht mehr“, antwortete sie gelangweilt hinter dem Buch hervor.
„Du weißt es nicht mehr? Da war doch letztens noch die ganze Dose voll!“
„Ja? Ein paar habe ich wohl auch davon gegessen.“
„Aber doch nicht die ganze Dose voll?!“
Sie ließ das Buch sinken und fixierte einen Punkt in der Ecke des Raumes, als wolle sie intensiv darüber nachdenken.
„Nein, ich glaube, da müssten doch noch einige da sein.“
Sie hob wieder das Buch.
„Sag mal, willst Du mich verarschen?“ kam nun einem mittlerweile sehr gereizter Ton.
Sie ließ das Buch wieder sinken und konnte sich ein spitzbübisches Grinsen nicht verkneifen.
„So ist das also“, kam mit einem resignierenden Seufzer nun von ihm.
Sie grinste weiter.
„Du hast es also mal wieder nötig?“
Sie machte eine abwägende Geste mit dem Kopf. „Vielleicht.“
Wieder seufzte er. „Und wenn ich keine Lust habe?“
„Na ja, DU willst ja die Plätzchen.“
Kurz fochten sie ein kleines Augenduell aus.
„Sag mir, wo die Keksdose ist.“
Eiseskälte. Schluss mit lustig. Das beherrschte er wirklich gut, musste sie zugeben.
Ganz kurzes Zweifeln ihrerseits.
„Da, wo die Keksdosen eben immer stehen.“
Dass er selbst schuld sei, wenn er sich das nicht merken könne, ließ sie unausgesprochen.
„Und wo ist das?“
Eispalast.
„Dort im Schrank.“ Sie zeigte auf das besagte Objekt.
Während er darauf zuging, glitt sie vom Sofa und begab sich kniend in Stellung. Zum Besänftigen der Gemüter sozusagen.
„Das kann nun nicht Dein Ernst sein, oder?“
Fassungslos kam er mit einer mit einer fachgerecht eingeketteten Keksdose zurück. Ein Zahlenschloss lag dekorativ obenauf.
Mit einem dritten Seufzer ließ er sich neben sie aufs Sofa sinken und streichelte ihr die Wange.
„So sehr willst Du es mal wieder?“
Etwas kleinlaut geworden nickte sie einfach nur.
„Lass mich raten. Du hast Dir ausgedacht, dass ich nun alle Kombinationen ausprobiere und für jede falsche Kombination gibt es für Dich eins auf Deinen hübschen Hintern?“
Wieder nickte sie.
„Lass mich weiter raten. Die Kombination beginnt mit einer 1, damit es nicht ganz so dolle, aber doch wieder ausreichend ist?“
Noch ein Nicken. Okay, sie war wohl doch zu durchschaubar.
„Und was ist, wenn ich nun von hinten beginne?“
Gut für sie sichtbar stellte er die 999 ein, die natürlich nicht das Schloss öffnete.
Sie schluckte, als seine Finger das Rädchen auf die 998 stellten.
„Und was hattest Du Dir vorgestellt? Die Gerte? Wie wäre es mal wieder mit dem Rohrstock?“
997.
„Bitte nicht“, hauchte sie.
Sie war dort, wo sie sein wollte. Sie hatte das Heft abgegeben. Oder hatte er es sich gar nicht aus der Hand nehmen lassen? Es fühlte sich gut an.
„In Ordnung. Du darfst die Gerte holen. Und ich denke, die Mitte ist auch ein guter Anfang.“
Seine Finger drehten das Schloss auf 500, dann 499…
Wespennester
Zutaten:
125 Gramm Raspelschokolade
3 Eiweiße
250 Gramm Zucker
1 Päckchen Vanillezucker
250 Gramm gemahlene Mandeln
Zubereitung:
1. Eiweiß sehr steif schlagen. Zucker und Vanillezucker nach und nach auf höchster Stufe kurz unterschlagen.
2. Schokolade und Mandeln mischen und vorsichtig unter die Eiweißmasse heben.
3. Mit 2 Teelöffeln Häufchen auf ein mit Backpapier ausgelegtes Backblech setzen
4. Nach dem Backen das Backpapier auf ein Kuchenrost ziehen und die Wespennester erkalten lassen.
Backzeit: etwa 20 bis 30 Minuten je Backblech
Temperatur: Heißluft etwa 120 Grad Celsius. Ober-/Unterhitze etwa 140 Grad Celsius. Gas Stufe 1
124 war die richtige Kombination gewesen.
Sie hatte den Atem angehalten. Erst die Strafe oder erst das Öffnen der Dose.
Sie hätte es besser wissen müssen. Natürlich erst die Kekse.
Eingebettet in ein Nest aus Styroporchips (damit es nicht sofort auffällt) lag fein säuberlich in Zellophan eingewickelt ein einzelnes Objekt der Begierde. Mit Goldschleife.
Ein langer Blick. „Steh doch bitte nochmals auf und hole doch den Rohrstock.“
© Devana Remold